Taekwondo

Taekwondo im SV Gehrden im Zeitalter von ADHS, Integration, Inklusion, und Toleranz

Die Taekwondo Sparte im SV Gehrden besteht seit nunmehr fast 20 Jahren und hat in dieser Zeit viele Kinder und Erwachsene auf ihrem sportlichem Weg begleitet. Aber nicht nur Sportlich.Der Kampfsport Taekwondo beinhaltet nicht nur das Erlernen von Tritten und Handtechniken, um im Trainingsbetrieb z.B. Bretter zu brechen oder sich und Schutzbedürftige auf der Straße zu verteidigen.

Tae und Kwon stehen für Fuß- bzw. Handtechniken, besonderen Wert legt Spartenleiterin Caroline Milligan aber auf das Do: seinen Weg zu gehen, um diszipliniert, höflich, tolerant und respektvoll und selbstbewusst sein Ziel zu erreichen. Anfangs fällt es den meisten Schülern noch etwas schwer, die vielen Kommandos in koreanisch zu verstehen und umzusetzen.

Das Aufstellen zur Begrüßung, bei Trainingsbeginn, in absoluter Ruhe und dabei still zu stehen und nicht zu reden, fällt auch den jüngeren Schülern nicht immer leicht.

Für Kinder mit ADHS ist dies ein erstes großes Lernziel. Dabei ist das eigentliche Ziel, sich für einen kurzen Moment zu besinnen, wo man sich in diesem Moment befindet und die volle Aufmerksamkeit auf das Training und dem Trainer  zu richten. Niemand mag es, in diesem Moment mit Namen angesprochen und ermahnt zu werden, deshalb funktioniert die Konzentration beim nächsten Mal schon sehr viel besser. 

Ähnliche Situationen gibt es immer wieder während des Trainings, oberste Regel ist deshalb, den Anweisungen und Erklärungen der Trainer aufmerksam zu folgen ist. Natürlich ist es nach dem Aufwärmen mit Laufen, laut krakeelen und anfeuern schwierig, sofort umzuschalten um ruhig und aufmerksam der Trainingseinheit weiter zu folgen.

Eine besonnene und konsequente Disziplin (mit einem Lächeln) ist deswegen ein wichtiger Bestandteil des Dos. Meist wird durch eine kleine Krafteinheit (z.B. Liegestütz) die gesamte Gruppe wieder auf die bestehenden Regeln und Ruhe aufmerksam gemacht. Einige wenige Schüler benötigen etwas mehr Zeit als andere, um diese Regeln  zu verinnerlichen, aber auch diese Schüler gehen ihren Weg und erreichen auch Ziele, vielleicht von außen betrachtet kleinere Ziel, aber sie erreichen sie. Viele Ziele werden auch mit Hilfe der Gruppe erreicht.

Ein weiterer, sehr wichtiger Aspekt dieses Kampfsports ist: wenn du die Trainingshalle betrittst und Taekwondo trainieren möchtest, es ist egal, wer oder was oder wie du bist. Nur wenige Schüler betreten das erste Mal eine Halle mit weiteren ca. 35 Sportlern und fühlen sich sofort wohl und wie zu Hause. In der Regel dauert dieser Zustand der Unsicherheit aber nie länger als 5 Minuten, denn sowohl die Anfänger- als auch die Gruppe der Fortgeschrittenen, haben mittlerweile eine Dynamik entwickelt, die jeden Neuankömmling mit offenen Armen und einem Lächeln begrüßt und herzlich willkommen heißt. Dabei spielt es keine Rolle, ob  Kinder oder Erwachsene sind, die sich sich entschlossen haben, in einen ihnen unbekannten Sport reinzuschnuppern. 

Da wir im Training nur zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen unterscheiden, dies ist dem gezielten Training geschuldet, können wir ein weiteres Phänomen beobachten. Kinder nehmen Erwachsene selten als solche wahr, sondern sehr eher als Mitschüler. Da die Kommandos, Anweisungen ggf. Ermahnungen dem Trainer obliegt, somit immer die ganze Gruppe betrifft. Die Gruppe lernt sehr schnell, dass auch Erwachsene z.B. bei Theoriefragen nicht einfach die Antworten reinrufen dürfen, sondern sich genauso melden müssen, wie alle Kinder/Schüler rings um sie herum. Größe zeigt ein Erwachsener, wenn er seine 20 Motivationsliegstütze fürs Reinrufen akzeptiert und die gesamte Gruppe still wartet, bis sie absolviert sind. 

Ein sehr gutes Zeichen auch für die Kinder ist, dass in dieser Halle wirklich alle gleich sind. Selbstverständlich wird auch das Auslachen von Mitschülern nicht geduldet, denn jeder einzelne Schüler soll Taekwondo nach seinen Möglichkeiten trainieren. Einige erlernen die Techniken schneller, andere langsamer, aber am Ende geht jeder seinen eigenen Weg und erreicht sein Ziel. Deswegen spielt es auch absolut keine Rolle, welcher Nation oder Religion die Sportler angehören.

Beide Gruppen der Taekwondo-Sparte des SV Gehrden sind eine gut funktionierende, multikulturelle Gemeinschaft, so auch Spartenleiterin Caroline Milligan. Beispielsweise hat sich ein Mädchen muslimischen Glaubens, im Laufe der Zeit dazu entschieden, ein Kopftuch zu tragen. Diese Entscheidung hat sie aber nicht daran gehindert, weiterhin Taekwondo zu trainieren. Denn mittlerweile gibt es Sport-Kopftücher, die ihr dies ermöglichen.

Auch die Schüler in der Trainingshalle haben diese Entscheidung, ohne sich zu distanzieren oder es als fremd anzusehen, akzeptiert. Die Gruppe hat Toleranz gelernt und lebt sie. Es gibt viele Mädchen und Jungen aus den unterschiedlichsten Nationen wie der Türkei, Polen, Großbritannien, Russland, Syrien, Iran und noch einige mehr mit den unterschiedlichsten Religionen dazu. Die Kinder und Erwachsenen der Taekwondo Gruppen integrieren und tolerieren ganz natürlich, ohne Berührungsängste. 

Jeder kleine und große Mensch ist es Wert, dass man seine Bedürfnisse wahr nimmt, sich um ihn kümmert und dafür Sorge trägt dass alle eine Chance haben, ihren Weg zu gehen um ihr Ziel zu erreichen. 

Drei Hauptpunkte dieses Artikels, nämlich Integration, Inklusion und Toleranz werden derzeit durch ein ganz besonderes Mädchen, in der Anfängergruppe geprägt.

Meryems Augen strahlen förmlich mit der Sonne um die Wette, wenn sie die Halle betritt. Es scheint fast so, als wenn sie dort endlich sein darf, was sie ist: ein kleines Mädchen. Keine ihrer vielen Freundinnen würden sagen, dass ihr etwas fehlt, aber Meryem hat Mutismus (siehe:Wikipedia).

Es handelt sich dabei um eine Kommunikationsstörung, Meryem spricht nur mit ihr vertrauten Personen. Umso großartiger ist es zu sehen, wie die Taekwondo Gemeinschaft Meryem aufgenommen hat. Sie ist in der Lage, ihr überaus freundliches und hilfsbereites Wesen zu zeigen, ihren Freundinnen beim Erlernen der Techniken zu unterstützen und dabei ihr eigenes großes Taekwondo-Talent weiter zu entwickeln und zu zeigen.

Meryem war in der Lage sich bereits nach wenigen Monaten hervorragende Techniken anzueignen und dies auch vor einem Prüfer zu beweisen. Zu den Taekwondoprüfungen wird immer lizensierter, erfahrener Prüfer der Niedersächsischen Taekwondo Union (NTU) eingeladen. Auch für ihn stellte Meryems Schweigen kein Problem dar. Der Prüfer konnte mit gezielten Fragen ihr Vertrauen gewinnen. Auch hier bewies sie ihre Intelligenz und Auffassungsgabe und beantwortet alle Fragen mit einer Kopfbewegung. 

Mit Höflichkeit und Respekt ist also alles möglich. Auch Kinder, deren Beitrag aus dem BUT (Bildungs- und Teilhabepaket) getragen wird, können sich sorglos ganz dem Training widmen. So gesehen denkt niemand während des Taekwondotrainings an Integration, Inklusion und Toleranz. Es wird einfach gelebt, ohne Wenn und Aber, denn niemand verdient es schlecht behandelt zu werden, nur weil er anders zu sein scheint. 

Die Taekwondo Sparte des SV Gehrden lebt das Do und zelebriert es, in der Hoffnung, vielen kleinen und großen Menschen zu helfen, ihren individuellen Weg zu gehen um ihr persönliches Ziel zu erreichen.

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